Fragmente eines Kunstbuchs
Holzschnitte und Texte von Rolf Hannes in der Mehlwaage Freiburg
"Erinnert ihr euch, was Marcel Duchamp gesagt hat? Kunst? Die überlaß'
ich anderen, ich spiele lieber Schach", steht auf dem ersten Blatt einer
Ausstellung mit Holzschnitten des Freiburger Künstlers Rolf Hannes. Auch
80 Jahre nach dem Aufbruch der letzten großen Kunstepoche hat dieser
Satz nichts von seiner irritierenden Fragestellung eingebüßt. Der
französische Künstler hat schon früh die Konsequenzen gezogen
und sich mit seinen Ready-Mades nicht dem Kunstwerk, sondern der Kunstidee
verpflichtet. Heute würde man sagen, daß der Diskurs bestimmt,
was ein Kunswerk ist und der Anspruch, etwas völlig Neues zu schaffen,
nicht mehr als eine Behauptung. Kunst ist: nicht nur das, was wir sehen, sondern
auch das was darüber geschrieben wird. Deshalb und weil die um weitere
Blätter ergänzten Arbeiten am Ende sich in einem (Kunst)Buch wiederfinden,
hat der Freiburger Künstler neben seine Holzdruckarbeiten Texte gestellt,
die auf verschiedene Weise hinterfragend allgemeine und besondere Aspekte
des Kunstbetriebs kommentieren. Ein irritierendes Konzept, denn die gestalterisch
interessanten wie technisch perfekten Arbeiten könnten genauso gut ohne
die kunstkritischen Kommentare auskommen, und nur zwei Arbeiten versuchen,
"Wort und Bild", Schrift und Gestaltung aufeinander zu beziehen.
Behalten wir also im Hinterkopf, was uns
die Texte zu sagen haben, und bewundern wir, was uns an den Drucken fasziniert.
Z.B. die Leichtigkeit, mit der Rolf Hannes grafische und figurative Elemente
miteinander verbindet, ohne sich auf das eine oder andere festzulegen. Das
Vermögen, mit einfachen Formen den Eindruck komplexer Vorstellungen zu
vermitteln und komplexe Formen so zu gliedern, daß sie zu einer einzigen
Gestalt verschmelzen können. Den fast spielerischen Wechsel stabiler
und instabiler Zustandsformen, die ihre Gewichtung in der Bewegung suchen,
den Verzicht auf räumliche Tiefe, ohne sich in der Belanglosigkeit der
Oberfläche zu verlieren, und die Perfektion mit der er sein künstlerisches
Handwerk beherrscht.
"Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit", hat Karl Valentin
einmal gesagt und nicht selten führt sie zu Ergebnissen, bei der die
Arbeit in dem verschwindet, was sie hervorgebracht hat.
Paul Klock